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NEUES AUS
DER MUSIKWELT
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Ethan Johns
THE RECKONING
THE RJX|
Rykodisc/Warner CD
(auch als LP geplant)
(
39
’)
Singer/Songwriter-Ambitionen
hat Ethan Johns viele Jahre hint-
angestellt. Nach dem Debüt „In-
dependent Years“ von
1992
war
nichts mehr von ihm zu hören, bis
er sich als Produzent hochkarätiger
Talente von Ryan Adams über Laura
Marling bis Staves einen guten Ruf
erwarb und auch „mitschuldig“ war
am Erfolg der Kings of Leon.
Gut ein Jahr nach „If Not Now
Then When?“ auf dem eigenen
Three Crows Records-Label ver-
öffentlicht, ist „The Reckoning“
stilistisch Lichtjahre entfernt von
allen
modischen
Strömungen.
Und klingt trotzdem wundersam
vertraut, weil auch von großen
Meistern ihrer Zunft inspiriert. Die
Produktion übernahm gewissenhaft
Freund Ryan Adams, der dieselbe in
seinem Studio, wie er etwas iro-
nisch anmerkt, an den zwei Tagen
„geschehen ließ“. Aber natürlich
schuf er die Rahmenbedingungen
dafür, dass das aufnahmetechnisch
ein mindestens so fabelhaftes Werk
wurde wie das von Johns sr. und jr.
betreute Debüt der Staves! Mehr
als einmal entpuppt sich Johns als
großer Erzähler von Kurzgeschich-
ten, kondensiert zu Songs, die er
mit sonorem Bariton zu akustischer
und Slide-Gitarre vorträgt.
Von Akkordwechseln
bis zu
superben Streicherarrangements
(wie auf dessen ersten beiden
LPs, schlicht genial das von „You
Changed“) ist eine musikalische
Geistesverwandtschaft zu Nick Dra-
ke öfter unüberhörbar - ebenso wie
die „Girl From The North Country
Fair“-Qualitäten gleich mehrerer
Songs. Atemraubend klingt sein
Slide-„Talking Talking Blues“ auch
dann, wenn der zu Beginn als Dop-
pelgänger von Dylans „What Was
It You Wanted“ auffällt. Der Junior
von Produzent Glyn Jones (Eagles,
Rolling Stones etc.) hat sein erstes
eigenes Meisterwerk abgeliefert -
auch in Sachen Country Blues mit
dem düsteren „Black Heart“.
Franz Schöler
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
Rhonda
RAW LOVE
PIAS/Rough Trade CD
(auch als LP geplant)
(
37
’)
Falls Sie vorhaben, eine Mottopar-
ty mit der Parole „Swinging Six-
ties“ zu schmeißen, dann bietet
sich „Raw Love“ von Rhonda zur
Tanzmotivation der Gäste an. Das
Album ist zwar brandneu, reiht
sich jedoch unbemerkt in Tracks
der Ära ein. Unter die Supremes,
Dusty Springfield und Cilla Black
gemogelt, fällt es wohl keinem auf,
dass wir es hier mit detailgetreu-
en Retro-Repliken zu tun haben.
Die Gruppe aus Hamburg trifft
mit ihrem pfiffigen Soundmix aus
Motown-Soul, Beatmusik und Ska,
mit Schweineorgel, Tremologitarre
und Schepperschlagzeug präzise
die Klangästhetik von damals.
hake
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
John H ia tt
TERMS OF M Y SURRENDER
New
West/ADA
CD
(
43
’)
Auch als LP geplant
Bei Studio-op.
22
in Hiatts
40
-jähri-
ger Karriere erinnert „Nobody Knew
His Name“ an den Dylan vom Album
„John Wesley Harding“. John Lee
Hooker wird bei „Baby’s Gonna
Kick“ als Idol genauso erwähnt wie
Sleepy John Estes, wobei Hooker
wohl auch „Nothing I Love“ stark
inspiriert hat. Wie Hiatt seinen
Country Blues, Folk und die Balla-
den hier rein akustisch musiziert,
klingt wunderbar archaisch. „Life
ain’t cushy“ ist die weise, nicht
mal maliziös-ironisch gemeinte
Erkenntnis in „Old People“, einer
von mehreren hochkarätigen Songs
hier, Letzterer in bester John-Pri-
ne-Tradition.
F. Sch.
MUSIK
KLANG ★ ★ ★
M idge Ure
FRAGILE
Hypertension/Soulfood CD
(LP geplant)
(
54
')
Solo hatte das einstige Mitglied bei
Ultravox, Thin Lizzy und Visage nie
allzu großes Glück. Seine eigenen
Alben wirkten oft hölzern und unge-
lenk. Bei „Fragile“, seinem ersten
Lebenszeichen seit zehn Jahren, ist
das nicht anders. Seine teilweise
durchaus stimmungsvollen Syn-
thie-Pop-Nummern hat Midge Ure
zu süßlich-kitschig inszeniert, und
bei den althergebrachten
8
oer-Jah-
re-Sequenzer-Beats
hätte man
sich mindestens eine geringfügige
Modernisierung gewünscht - bei
den Arrangements ebenso wie im
Klangbild. Selbst Fans werden zu-
geben, dass dieses im Alleingang
entstandene Album wieder relativ
zahnlos geraten ist.
pb
MUSIK ★ ★
Yes
HEAVEN AND EARTH
Frontiers/Soulfood CD
(LP geplant)
(
51
')
Neben Keyboarder Rick Wakemann
ist auch Goldkehlchen Jon Anderson
nicht mehr dabei. Das merkt man
aber kaum - der Nachfolgesänger
Jon Davison singt mit fast identi-
scher Fistelstimme. Auch sonst alles
beim Alten: Grafiker Roger Dean pin-
selt wieder ein typisches YES-Cover,
und Steve Howe, Chris Squire sowie
Alan White taumeln noch immer
durch ihren verträumt-weltfremden
Symphonic Rock. Nur klingt eben
alles kraftloser, weniger feurig und
kaum mehr beseelt. Gemessen
an einstigen Meisterwerken wie
„Close To The Edge“ oder „Tales
From Topographic Oceans“ klingen
YES mittlerweile nur noch wie ein
Schatten ihrer selbst.
pb
KLANG ★ ★ ★
George Ezra
WANTED ON VOYAGE
Columbia/Sony CD
(auch als LP erhältlich)
(
57
’)
Mit seinem sympathischen Ohrwurm
„Budapest“ stellt sich George Ezra
in die Folk-Pop-Tradition der Sixties
und Seventies. Das tun allerdings
auch andere britische Künstler sehr
erfolgreich. Ezra aber ist poppiger
als etwa Mumford & Sons: Mal
gibt der
21
-jährige Sänger den
schrammelnden Folkbarden wie
im flotten „Cassy O“, dann wieder
den Jazzcrooner in der deftigen
Bluesrock-Nummer „Did You Hear
The Rain?“. Die weitgehend handge-
machte Mixtur aus Country und Pop
auf seinem Albumdebüt kommt ohne
Netz und doppelten Boden daher. Ez-
ras tiefe, vibratolose Stimme könnte
allerdings den einen oder anderen
Chor-Kontrapunkt vertragen.
wz
MUSIK ★ ★
KLANG ★ ★ ★
118 STEREO 9/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problem atisch I ★ schlecht